Nachfolgend ein Beitrag vom 28.2.2019 von Wesser, jurisPR-MedizinR 2/2019 Anm. 2
Leitsätze
1. Den Art. 86 und 89 der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel ist nicht zu entnehmen, dass allein die Werbung für einzelne Heilmittel verboten sein kann, die Werbung für lediglich ihrer Art nach bestimmte Arzneimittel oder das gesamte Warensortiment dagegen erlaubt ist (Fortführung von BGH, Urt. v. 26.03.2009 – I ZR 99/07 Rn. 16 – GRUR 2009, 1082 = WRP 2009, 1385 „DeguSmiles & more“; BGH, Urt. v. 24.11.2016 – I ZR 163/15 Rn. 31 bis 34 – GRUR 2017, 635 = WRP 2017, 694 „Freunde werben Freunde“).
2. Die in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG in Bezug genommenen Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes sind bei rein innerstaatlichen Sachverhalten ohne grenzüberschreitenden Bezug auch nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Sache Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale (EuGH, Urt. v. 19.10.2016 – C-148/15 – GRUR 2016, 1312 = WRP 2017, 36) weder aus unionsrechtlichen noch aus verfassungsrechtlichen Gründen unanwendbar oder unwirksam.
A. Problemstellung
Es geht um die Zulässigkeit der Werbung einer deutschen Versandapotheke, ihren Kunden für jeden neu geworbenen Kunden eine Prämie von 10 Euro zu zahlen und zwar auch dann, wenn der geworbene Kunde ausschließlich preisgebundene Arzneimittel erwirbt.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Der Apothekerverband Nordrhein hatte die Apotheke auf Unterlassung in Anspruch genommen sowie Ersatz der Abmahnkosten i.H.v. 2.348,94 Euro verlangt. Das Berufungsgericht hatte der Klage in voller Höhe stattgegeben. Der BGH hat die Revision nur in Bezug auf den Zahlungsantrag als begründet angesehen:
I. Der Antrag der Klägerin auf Unterlassung des Versprechens einer Prämie i.H.v. 10 Euro für jeden neu geworbenen Kunden sei gemäß den §§ 8, 3, 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG a.F.) i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 HWG, § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG begründet.
Das in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG geregelte grundsätzliche Verbot von Werbegaben stelle eine Marktverhaltensregelung i.S.v. § 3a UWG, § 4 Nr. 11 UWG a.F. dar. Die Regelung solle durch eine weitgehende Eindämmung der Wertreklame im Bereich der Heilmittel der abstrakten Gefahr begegnen, dass Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, durch die Aussicht auf Werbegaben unsachlich beeinflusst werden. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift sei regelmäßig geeignet, die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Der Umstand, dass die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, die keinen mit den Bestimmungen der § 3a UWG, § 4 Nr. 11 UWG a.F. vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt, in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3 der Richtlinie) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt habe (Art. 4 der Richtlinie), stehe der Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG im Streitfall nicht entgegen, weil sich die aus dieser Vorschrift ergebende Beschränkung der Möglichkeit, mit Werbegaben für Heilmittel zu werben, eine unionsrechtskonforme nationale Regelung in Bezug auf die Gesundheitsaspekte von Produkten darstelle, die deshalb gemäß Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2005/29/EG von dieser unberührt bleibe.
Die hier in Rede stehende Werbung weise den für die Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG erforderlichen Produktbezug auf. Dass die Werbung das gesamte Sortiment des Beklagten betreffe, stehe dem nicht entgegen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Richtlinie 2001/83/EG. Deren Art. 86 und 89 sei nicht zu entnehmen, dass allein die Werbung für ein einzelnes Produkt verboten, die Werbung für lediglich ihrer Art nach bestimmte Arzneimittel oder das gesamte Warensortiment dagegen erlaubt sei. Auch im Hinblick auf den Zweck des § 7 HWG gebe es keinen überzeugenden Grund, den vom Gesetzgeber in der Heilmittelwerbung als grundsätzlich unerwünscht angesehenen Anreiz einer Wertreklame gerade dann hinzunehmen, wenn diese Form der Reklame für eine besonders große Zahl von Heilmitteln eingesetzt werde. Die Eignung einer Zuwendung, den Absatz eines Heilmittels durch einen unsachlichen Einfluss auf den Kunden zu steigern, hänge nicht davon ab, ob die Zuwendung allein für genau benannte Arzneimittel, eine nicht näher eingegrenzte Vielzahl von Arzneimitteln oder sogar für das gesamte Sortiment angekündigt und gewährt werde.
Die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a HWG greife nicht ein, weil nach der beanstandeten Werbung die Prämie i.H.v. 10 Euro ohne Einschränkung für jede Werbung eines neuen Kunden und damit auch dann gewährt werde, wenn der neue Kunde beim Beklagten ausschließlich Arzneimittel erwerbe, für die ein einheitlicher Apothekenabgabenpreis zu gewährleisten sei. In einem solchen Fall verstoße die Gewährung der Prämie gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung. Der Beklagte gebe das preisgebundene Arzneimittel dann zwar nicht zu einem niedrigeren Preis an den neuen Kunden ab, gewähre diesem aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels einen Vorteil, der den Erwerb des Mittels für den neuen Kunden wirtschaftlich günstiger erscheinen lasse. Der Vorteil bestehe darin, dass der neue Kunde dem Werbenden durch den Erwerb des preisgebundenen Arzneimittels die ausgelobte Werbeprämie verschaffe; dies lasse es für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen, das preisgebundene Arzneimittel beim Beklagten und nicht bei einer anderen Apotheke zu erwerben, die keine entsprechende Werbeprämie gewähre.
Die in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HWG in Bezug genommenen Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes seien auch nicht aus unions- oder verfassungsrechtlichen Gründen unanwendbar oder unwirksam: Für rein innerstaatliche Sachverhalte wie den vorliegenden sei die Entscheidung des EuGH in der Sache „Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale“ (EuGH, Urt. v. 19.10.2016 – C-148/15 – GRUR 2016, 1312 = WRP 2017, 36) ohne Bedeutung. Eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Inländerdiskriminierung liege nicht vor. Denn für die Ungleichbehandlung gebe es den gewichtigen sachlichen Grund, dass der nationale Gesetzgeber in seiner Gestaltungsfreiheit beim grenzüberschreitenden Verkauf von Arzneimitteln durch die im Primärrecht der Europäischen Union geregelte Warenverkehrsfreiheit und die dazu ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, nicht dagegen insoweit eingeschränkt sei, als es um die Regelung des Vertriebs von Arzneimitteln innerhalb Deutschlands gehe. Die Annahme des Gerichtshofs, dass sich die Arzneimittelpreisbindung auf in Deutschland ansässige Apotheken weniger stark auswirke als auf in anderen Mitgliedstaaten ansässige Apotheken, die Zugang zum deutschen Markt begehrten, stelle einen weiteren Umstand dar, der die unterschiedliche Behandlung rechtfertige. Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG liege ebenfalls nicht vor. Zwar würden die Preisvorschriften in die Berufsausübungsfreiheit der Apotheker eingreifen; zum für die insoweit vorzunehmende Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht bestanden jedoch keine Anhaltspunkte für eine Verletzung dieses Grundrechts durch die Bestimmungen des § 78 Abs. 1 und 2 AMG. Entgegen der Auffassung der Revision rechtfertige der Umstand, dass der EuGH die Sache „Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale“ wie geschehen entschieden habe, keine Zurückverweisung an das Berufungsgericht zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts. Das Berufungsgericht habe zur Frage einer Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG zu Recht keine Feststellungen getroffen. Zum Zeitpunkt der mündlichen Berufungsverhandlung bestanden nach den gemäß § 559 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigenden Tatsachen keine Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Preisvorschriften. Der Gesetzgeber dürfe Berufsausübungsregelungen treffen, wenn diese durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt seien, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich seien und die durch sie bewirkte Beschränkung den Betroffenen zumutbar sei. Der einheitliche Apothekenabgabepreis solle auf der Handelsstufe der Apotheken im Hinblick auf deren Beratungsfunktion einen Preiswettbewerb ausschließen oder jedenfalls vermindern und damit die im öffentlichen Interesse gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherstellen. Außerdem dienten die Regelungen der Absicherung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung. In Bezug auf die Geeignetheit und Erforderlichkeit des gewählten Mittels zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele sei der Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum erst dann überschritten, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen so fehlsam seien, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für derartige Maßnahmen abgeben könnten. In der Rechtsprechung des BVerfG sei anerkannt, dass die Arzneimittelpreisregulierung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar sei. Zwar könne eine ursprünglich verfassungsgemäße Norm durch die Änderung der Verhältnisse verfassungswidrig werden. Unter Berücksichtigung des weiten gesetzgeberischen Ermessens sei die Verhältnismäßigkeit der Preisvorschriften jedoch erst dann in Frage gestellt, wenn der Gesetzeszweck infolge des Umfangs der Tätigkeit ausländischer Versandapotheken im Bereich der preisgebundenen Arzneimittel nicht mehr allgemein erreicht werden könne oder die gesetzliche Regelung angesichts des Konkurrenzdrucks aus dem europäischen Ausland nicht mehr zumutbar sei. Insofern sei nicht ausgeschlossen, dass der Wettbewerbsdruck, der von den insoweit privilegierten ausländischen Versandapotheken ausgehe, die Beschränkungen für die inländischen Apotheken so schwerwiegend werden lasse, dass sie mit den gesetzgeberischen Regelungszielen nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis stehen. Danach führe der Umstand, dass die nur noch für einen Teil der Adressaten, für die sie bestimmt war, geltende nationale Regelung die verbliebenen Adressaten härter treffe, weil ihre im Anwendungsbereich des Unionsrechts agierenden Mitbewerber der Regelung nicht unterworfen sind, für sich genommen nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Preisvorschriften. Der Gesetzgeber habe durch die Ergänzung des § 78 Abs. 2 Satz 1 AMG durch Art. 5 Nr. 5 Buchst. a des Gesetzes zur Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV vom 04.05.2017 (BGBl I 2017, 1050, 1055 – AMVSG) durch einen Halbsatz 2 zum Ausdruck gebracht, dass der Zweck der Sicherstellung der Versorgung der Arzneimittelverbraucher auch nach der Entscheidung des EuGH in der Sache „Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale“ fortbestehe (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs des AMSVG, BT-Drs. 18/10208, S. 41). Eine verfassungsrechtlich relevante Änderung der Verhältnisse könne erst entstehen, wenn Versandapotheken verschreibungspflichtige Arzneimittel auf dem inländischen Markt ohne Rücksicht auf die Preisbindung tatsächlich in einem Umfang veräußerten, dass eine ernsthafte Existenzbedrohung inländischer Präsenzapotheken eintreten würde und das finanzielle Gleichgewicht des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr gewährleistet wäre.
Eine mögliche Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse infolge der Entscheidung des EuGH in der Sache „Deutsche Parkinson Vereinigung/Zentrale“ rechtfertige keine Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht nach § 563 Abs. 1 ZPO. Die Urteilsgrundlage werde durch das Ende der Berufungsverhandlung abgeschlossen. Dem Beklagten sei jedoch unbenommen, eventuelle Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, die zur Unverhältnismäßigkeit der Arzneimittelpreisvorschriften und damit zum Wegfall des gegen ihn ausgeurteilten, in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruchs führen könnten, im Wege der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO geltend zu machen.
II. Keinen Anspruch habe die Klägerin auf Ersatz von Abmahnkosten, weil für sie als rechtsfähigen Verband die Beauftragung eines Rechtsanwalts aus damaliger Sicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht i.S.v. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG erforderlich gewesen sei, weil der Wettbewerbsverstoß des Beklagten typisch und auch nur durchschnittlich schwer zu verfolgen gewesen sei.
C. Kontext der Entscheidung
Die Entscheidung reiht sich ein in die Reihe höchstrichterlicher Entscheidungen, deren Gegenstand das durch das Arzneimittel(preis)recht beeinflusste Heilmittelwerberecht ist. Während der Zweck des Arzneimittelgesetzes darin besteht, im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen (vgl. § 1 AMG), dient das Heilmittelwerbegesetz dem Schutz der Verbraucher vor den Gefahren unsachlicher Beeinflussung bei der Nachfrage von Heilmitteln, etwa durch irreführende Werbung (§ 3 HWG), durch Werbung für ein gar nicht verkehrsfähiges Arzneimittel (§ 3a HWG), durch Werbung mit unvollständiger oder lückenhafter Information (§§ 4 ff. HWG), durch Werbung mit Zuwendungen und sonstigen Werbegaben (§ 7 HWG). Das HWG dient mithin dazu, den Verkehr durch eine möglichst weitgehende Versachlichung der Werbung für Arzneimittel vor Kaufentschlüssen aufgrund von Werbemaßnahmen zu bewahren, die nicht auch ein gewisses Mindestmaß an Sachaussagen bieten (BGH, Urt. v. 21.04.1983 – I ZR 28/81 Rn. 17).
Dem § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG ist zu entnehmen, dass das Gesetz das Anbieten und Gewähren von Zuwendungen grundsätzlich als unsachliche Beeinflussung wertet, es sei denn, einer der in den Nummern 1 bis 5 genannten Ausnahmetatbestände ist erfüllt. Einer dieser Ausnahmetatbestände ist § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a HWG. Danach ist die Gewährung einer Zuwendung, die in einem bestimmten Geldbetrag besteht, zulässig, es sei denn, sie wird entgegen den Preisvorschriften gewährt, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten.
Es ist die Frage, ob eine Prämie, die der eine Verbraucher bekommt, weil er einen anderen Verbraucher als Nachfrager von Arzneimitteln geworben hat, vom Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a HWG überhaupt erfasst sein kann. Denn dass das Gesetz die Zuwendung eines bestimmten Geldbetrags nicht als unsachliche Werbung wertet, resultiert daraus, dass es einen Nachlass „auf den Normalpreis“ (vgl. Fritzsche in: Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl. 2014, § 7 HWG Rn. 22) grundsätzlich als wünschenswert erachtet. Es ist aber fraglich, ob es für den ein Arzneimittel kaufenden Kunden einen „Barrabatt“ i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a HWG darstellt, wenn nicht er, sondern der ihn Werbende eine Prämie von 10 Euro bekommt. Der Gerichtshof musste sich mit dieser Frage nicht weiter befassen, weil er das Eingreifen des Ausnahmetatbestandes schon mit der Begründung verneinen konnte, dass die Werbung mit der Prämie auch für Arzneimittel erfolgt, die der arzneimittelrechtlichen Preisbindung unterliegen. Denn dass ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung auch dann vorliegt, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen, ist in der Rechtsprechung weitgehend anerkannt (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 09.09.2010 – I ZR 193/07 Rn. 17; BGH, Urt. v. 09.09.2010 – I ZR 26/09 Rn. 16; BGH, Urt. v. 08.05.2013 – I ZR 98/12 Rn. 13; BGH, Urt. v. 24.11.2016 – I ZR 163/15 Rn. 37). Einen Geldrabatt i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 2a HWG stellt ein solcher Vorteil aber gerade nicht dar. Ansonsten wäre fast jede Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 HWG ein solcher Geldrabatt, weil jede an den Erwerb eines Heilmittels geknüpfte Zuwendung einen Vorteil darstellt, der den Erwerb für den Erwerber wirtschaftlich günstiger erscheinen lässt. Dass dem Verbraucher der Erwerb eines Heilmittels wegen der Gewährung solcher Vorteile als wirtschaftlich günstig(er) erscheint, stellt aber nach der Wertung des Gesetzes gerade keinen sachlichen Grund dar, weil es das Ankündigen, Anbieten und Gewähren solcher Vorteile in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG grundsätzlich verbietet.
Die Beantwortung der Frage, ob eine „Freunde-werben-Freunde“-Prämie überhaupt einen Barrabatt i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a HWG darstellen kann, ist aber durchaus von Bedeutung, insbesondere dann, wenn es um Zuwendungen geht, die von ausländischen Versandapotheken gewährt werden. Denn wenn der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 2a HWG nicht auf alles Anwendung findet, was in Gestalt einer in einem bestimmten Geldbetrag oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag bestehenden Zuwendung daher kommt (z.B. ein – den vom Kostenträger zu zahlenden „Normalpreis“ völlig unverändert lassender – „Rabatt von 30 Euro“, vgl. dazu Wesser, jurisPR-MedizinR 10/2018 Anm. 2, unter D.), bestimmt sich die Zulässigkeit der Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG. Danach aber übersteigt die Werbung mit der Zuwendung die Grenze zur Unsachlichkeit, wenn die Zuwendung mehr als eine geringwertige Kleinigkeit darstellt, und zwar unabhängig von der arzneimittelrechtlichen Preisbindung. Mit anderen Worten: An die Geringwertigkeitsgrenze des § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG – die derzeit bei einem Euro verortet wird (vgl. BGH, Urt. v. 08.05.2013 – I ZR 98/12 Rn. 20) – ist auch derjenige gebunden, der die Preisvorschriften, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten, nicht beachten muss.
D. Auswirkungen für die Praxis
Die Entscheidung sollte Apothekern und Apothekerverbänden Anlass sein darüber nachzudenken, ob es weiterhin sinnvoll ist, untereinander zu streiten, Kuschelsocken zu bekämpfen und Inländerdiskriminierung zu beklagen (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 18.12.2018 – 3 B 40/17, 3 B 41/17), während ausländische Versandapotheken unbeeindruckt vom deutschen Heilmittelwerberecht die Abgabe von Arzneimitteln aus ihrem Warensortiment mit „Rabatten“ von bis zu 30 Euro bewerben. Würden diese Zuwendungen auf das nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG zulässige Maß heruntergeschraubt, würde der Konkurrenzdruck aus dem europäischen Ausland sofort nachlassen. Eines Verbots des Rx-Versandhandels bedarf es hierzu nicht. Und es ist auch nicht anzunehmen, dass der EuGH ein Verbot unsachlicher Arzneimittelwerbung als mit der Warenverkehrsfreiheit unvereinbar ansehen würde.
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