Nachfolgend ein Beitrag vom 26.2.2019 von Viefhues, jurisPR-FamR 4/2019 Anm. 5
Orientierungssatz zur Anmerkung
Erworbenes Vermögen ist bei der Anordnung von Zahlungen in VKH-Verfahren nicht zu berücksichtigen, wenn dieses für dringend lebenswichtige Anschaffungen wieder ausgegeben wird.
A. Problemstellung
Im VKH-Verfahren besteht häufiger Unklarheit darüber, ob vorhandenes Vermögen zur Zahlung der Verfahrenskosten einzusetzen ist und ggf. unter welchen Voraussetzungen es davor geschützt ist. Das OLG Stuttgart befasst sich mit einer solchen Fallgestaltung.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Das OLG Stuttgart geht im vorliegenden Fall davon aus, dass erworbenes Vermögen bei der Anordnung von Zahlungen nicht zu berücksichtigen ist, wenn dieses für dringend lebenswichtige Anschaffungen wieder ausgegeben wird.
Die Antragsgegnerin hat im Beschwerdeverfahren glaubhaft gemacht, dass sie den ihr aufgrund des Vergleichs zugeflossenen Betrag von 20.000 Euro für Aufwendungen im Zusammenhang mit ihrem notwendigen Umzug aus der Ehewohnung verwendet hat. Die Aufwendungen für den Umzug i.H.v. 2.043,86 Euro, die in der neuen Wohnung nicht vorhandene Küche i.H.v. 11.750 Euro und die zu zahlende Kaution i.H.v. 3.190 Euro übersteigen den um das Schonvermögen reduzierten Betrag von 20.000 Euro, welcher ihr zugeflossen ist.
Nach Zahlung der gemäß dem Vergleich zum 31.12.2018 fälligen nächsten Rate, deren Eingang die Antragsgegnerin dem Amtsgericht unaufgefordert mitzuteilen hat (§ 120a Abs. 2 Satz 1 ZPO), wird über die Anordnung einer Zahlung aus dem Vermögen gemäß § 113 Abs. 1 FamFG, § 120a Abs. 1 ZPO erneut entschieden werden müssen.
C. Kontext der Entscheidung
Die Entscheidung des OLG Stuttgart hält sich im Rahmen der Rechtsprechung des BGH. Sind Rechtsverfolgungskosten absehbar, darf vorhandenes Vermögen (hier: Unterhaltsnachzahlungen) nicht mehr leichtfertig für nicht unbedingt notwendige Zwecke ausgegeben werden. Geschieht dies gleichwohl, muss sich der Antragsteller die ausgegebene Summe als fiktives Vermögen anrechnen lassen und kann sich insoweit auch nicht mehr auf den Schonbetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII berufen (BGH, Beschl. v. 20.06.2018 – XII ZB 636/17; dazu Vogelgesang, AnwZert FamR 18/2018, Anm. 1; vgl. auch OLG Bremen, Beschl. v. 13.12.2016 – 4 WF 108/16 – FamRZ 2017, 637; vgl. Götsche in: Horndasch/Viefhues, FamFG, 3. Aufl., Anhang § 76 Rn. 16 ff. m.w.N.).
D. Auswirkungen für die Praxis
Das vom OLG Stuttgart erwähnte, generell zu berücksichtigende Schonvermögen beträgt 5.000 Euro. Hinsichtlich der übrigen vom Vermögen getätigten Aufwendungen sind in der Praxis detaillierte Darlegungen zur Notwendigkeit und Höhe unverzichtbar.
Die Einsatzpflicht des eigenen Vermögens gilt auch hinsichtlich der Beträge, die im selben Verfahren erstritten worden sind („das Erlangte“; § 120a Abs. 3 ZPO).
Das Oberlandesgericht weist ausdrücklich darauf hin, dass die Beteiligte die nächste aus dem Vergleich erhaltene Ratenzahlung mitteilen muss und dass dann eine erneute Überprüfung durch das Gericht vorzunehmen ist.
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